• Formulierungshilfe: Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

    Veröffentlicht von Nadine an 30. Mai 2025 um 8:20

    Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs:

    Ich habe eine tolle Formulierung für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs gefunden, die ich gerne mit euch teilen möchte:

    Mangels aufdrängender Sonderzuweisung richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 I 1 VwGO. Demnach ist der Verwaltungsrechtweg eröffnet, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt. Öffentlich-rechtlich ist eine Streitigkeit, wenn die streitentscheidenden Normen solche des öffentlichen Rechts sind. Dies ist nach der modifizierten Subjektstheorie der Fall, wenn die Normen gerade einen Hoheitsträger als solchen unmittelbar in seiner Funktion berechtigten oder verpflichten. Streitentscheidend sind solche Normen, um deren unmittelbare Rechtsfolgen gestritten wird.

    Gerade den letzten Satz finde ich super – den habe ich tatsächlich so noch nie gelesen, zeigt aber wieder, wie wichtig es ist, von der Rechtsfolge ausgehend zu denken und auch zu arbeiten 🙂

    Außerdem gab es kürzlich eine kleine Änderung bzgl. der Voraussetzung “nichtverfassungsrechtlicher Art“. Das BVerwG hat am 26.3.2025 die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs verneint, in dem das Kriterium der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit nicht zur richtigen Lösung geführt hätte.

    Hier ein Vorschlag für die Abgrenzung bzgl. einer (nicht-) verfassungsrechtlichen Streitigkeit:

    Verfassungsrechtlich ist eine Streitigkeit, wenn Beteiligte des unmittelbaren Verfassungsrechtskreises im Kern über spezifisches Verfassungsrecht streiten, wenn eine prinzipale Normenkontrolle des formellen Gesetzgebers vorliegt oder wenn der Kern des Rechtsstreits aus anderen Gründen im Verfassungsrechtsliegt. (Sofern dann keine der Voraussetzungen vorliegt, ist die Streitigkeit also nichtverfassungsrechtlicher Art)

    Gebt mir zu beidem doch gerne nochmal ein Feedback 🙂 Bzgl. der Prüfung “nichtverfassungsrechtlicher Art” frage ich mich, ob man jetzt gar nicht mehr auf die doppelte Verfassungsunmittelbarkeit abstellen sollte? Hier habe ich mich aber auch noch nicht umfassend informiert 🙂

    Jana beantwortet vor 6 Stunden, 56 Minuten 4 Mitglieder · 5 Antworten
  • 5 Antworten
  • Nadine

    Mitglied
    30. Mai 2025 um 8:22

    Achso, der Vollständigkeit halber darf natürlich nach der Prüfung “Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art” nicht die abdrängende Sonderzuweisung vergessen werden🙈 Das war jetzt hier nicht problematisch, deswegen habe ich es nicht erwähnt.

  • Oliver Wich

    Administrator
    30. Mai 2025 um 11:51

    Ich hatte bisher das:

    Mangels aufdrängender Sonderzuweisung richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges nach § 40 I 1 VwGO. Danach ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art der Verwaltungsrechtsweg gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist (abdrängende Sonderzuweisung).

    Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn die streitentscheidenden Normen nach der modifizierten Subjekttheorie dem Öffentlichen Recht zuzuordnen sind, also mindestens einen der Beteiligten gerade in seiner spezifischen Eigenschaft als Hoheitsträger berechtigen oder verpflichten.

    Zu keinem anderen Ergebnis kommt man, wenn man die Frage nach einer öffentlich-rechtlichen Norm mit der Subordinationstheorie beantwortet, nach der sich hier zB X und der Freistaat Bayern im Rahmen eines hoheitlichen Über/Unterordnungsverhältnisses gegenüberstehen.

    Arbeitsschritt, der die eigentlichen Punkte bringt:
    Hier die streitentscheidenden Normen suchen. Wenn man sich nicht sicher ist, dann das [Gesetz], “insbesondere [Norm] nennen. Falls man die falsche erwischt hat, fällt man auf das Gesetz zurück.
    Dann diese Norm unter die Theorie subsummieren.

    Der nichtverfassungsrechtliche Charakter der Streitigkeit folgt daraus, dass sich Bürger und Freistaat Bayern gegenüberstehen, nicht etwa zwei Verfassungsorgane, die über Verfassungsrecht streiten (so genannte doppelte Verfassungsunmittelbarkeit) und keine prinzipale Rechtssatzkontrolle des formellen Gesetzgebers erfolgt.

    Eine abdrängende Sonderzuweisung greift nicht ein. Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO ist somit eröffnet.

    Die Entscheidung kenne ich nicht, können wir aber sicher mit anderem Erfahrungen verifizieren.


    Impuls zur Diskussion:
    Das viel spannendere ist aber, wie / wann fast man das viel kürzer. Wenn man das plus die Normen und die Subsumption schreibt, hat man gerne mal 2-3 Seiten (handschriflich). Der ganze Block bringt wenn er unproblematisch ist, max 4 Rohpunkte von 100%.Ich habe also mit 2 Seiten 4% meiner Punkte gesammelt und meine ganzen Klausur ist nur 20 Seiten lang… da stimmt etwas nicht.

  • Nadine

    Mitglied
    31. Mai 2025 um 11:11

    Ja, absolut Olli! Die Frage stelle ich mir auch.

    Natürlich ist hier der “Kern” der Prüfung, dass man die Normen schon so präzise wie möglich herausarbeitet und subsumiert. Auswendiggelerntes runterschreiben ist halt keine Leistung … Dennoch frage ich mich halt, ob die Korrektor*innen von uns erwarten, dass man diese “Standardformulierung” zu Beginn der Zulässigkeit nennt.

    Zur nichtverfassungsrechtlichen Streitigkeit: Diese “Änderung” scheint es erst kürzlich gegeben zu haben, ich weiß aber leider nicht, ob das jetzt immer gilt oder ob es da nur um den Einzelfall ging. Ich schaue die Tage nochmal, ob ich was dazu finde und teile meine Ergebnisse dann 🙂

    • Afrim Toplica

      Administrator
      31. Mai 2025 um 12:13

      Der Korrektor oder die Korrektorin liest nicht jedes Wort einzeln durch. Mach ich nicht mal selbst. Würde sogar sagen, dass sie nur nach Schlüsselwörter suchen wie bspw. “berechtigt/verpflichtet”, “einseitig”, das Gesetz/Norm über die gestritten wird und hacken einfach ab.

  • Jana

    Mitglied
    31. Mai 2025 um 12:37

    Ich würde mich auch anschließen und eher sagen, dass es bei unproblematischen Fällen eher nicht vorzugswürdig ist, komplizierte und super ausführliche Formulierungen zu verwenden.

    Bei den Bewertungen von Klausuren im Verwaltungsrecht hab ich auch oft gelesen “Zulässigkeit zu ausführlich” und habe mir da auch vorgenommen, mehr auf die Relevanz der Thematik zu achten und besser Schwerpunkte zu setzen.

    Mich würden aber Fälle interessieren, bei denen die nichtverfassungsrechtliche Streitigkeit problematisch ist 🧐

    LG

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