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  • § 377 HGB = (rechtshindernde) Einwendung?

    Veröffentlicht von Nadine an 16. Juli 2025 um 14:07

    Habe ich es richtig verstanden, dass § 377 HGB eine Einwendung ist? Ist es dann eine rechtshindernde Einwendung, weil § 377 HGB ja dazu führt, dass der Anspruch schon gar nicht entsteht (weil beispielsweise dadurch Ausschluss des Rücktrittsrechts)?

    Nadine beantwortet vor 2 Stunden, 20 Minuten 4 Mitglieder · 10 Antworten
  • 10 Antworten
  • Laura Sophia

    Mitglied
    16. Juli 2025 um 14:30

    Also ich hab 377 HGB als rechtsvernichtende Einwendung verstanden, welche den Anspruch nachträglich entfallen lässt, bspw. durch Rücktritt (korrigiert mich gerne wenn ich falsch liege)

    • Nadine

      Mitglied
      16. Juli 2025 um 14:55

      Ja, das könnte auch sein, ich bin mir da echt unsicher🙃

  • Oliver Wich

    Administrator
    16. Juli 2025 um 14:55

    Hier liegt schon der “Fehler”. Ihr versucht Normen in “nicht praktikable” Strukturen zu stecken.

    377 HGB ist nichts von beidem sondern es ist ein gesetzlicher Ausschluss der Mängelrechte und hat nichts mit dieser “klassischen Struktur” (mit der kein Praktiker arbeitet) zu tun. Daraus ergibt sich auch die Verortung in der Klausur.

    Durch diese unbrauchbare Denkstruktur entstehen oft große Probleme beim Aufbau.

    Zudem ist hier “Einwendung”ein Überbegriff für alles was die Parteien als Gegenrecht “einwenden”. Denkt hierbei nicht in Formalien.

    Lasst uns gerne tiefer darauf eingehen 🤓

    • Nadine

      Mitglied
      16. Juli 2025 um 15:04

      Genau, das habe ich so auch grundsätzlich verstanden.

      Ich glaube, das mit der Einwendung ist bei mir hängen geblieben, weil du gestern bei Sarlaschts Bearbeitung gesagt hattest, dass der V den § 377 einwendet (habe ich ihm Video eben nochmal nachgehört, zu finden bei 2:08). Also ist es aber keine “richtige” Einwendung wie bspw. § 142, sondern einfach nur ein “Ja, aber” des Gegners.

      Also würde § 377 HGB doch aber dennoch dazu führen, dass der Anspruch (bspw. auf Nacherfüllung oder was auch immer) gar nicht erst entsteht, weil Mängelrechte ausgeschlossen sein könnten, oder?

      • Oliver Wich

        Administrator
        16. Juli 2025 um 15:22

        Formell sind Einwendungen / Einreden (sind auch nur Einwendungen, die aber erhoben werden müssen) materiell rechtliche Verteidigungsmittel gegen die Realisierung von Ansprüchen. Es gibt auch prozessuale Einwendungen.

        Weiter gedacht sind Einwendungen jegliche Gegenargumente oder Einwände (das meinte ich).

        Nein, das ist nicht korrekt. Das hat nichts mit der Entstehung des Anspruchs zu tun (Dieses Schema passt übrigens auf einen Anspruch auf Rückzahlung aus 346 sowieso nicht.) Die Rechtsfolge ist die Fiktion, das die Ware als vertragsgemäß angesehen wird und quasi “kein Mangel mehr vorliegt”. Damit fehlt theoretisch eine TB-Vss deines Anspruchs und somit hast du keinen Anspruch. Warum musst du es genauer differenzieren und damit unnötig kompliziert und vor allem fehleranfällig machen?

        Wie würdest du 218 BGB in der “alten Denkweise” einordnen… Merkst du schnell: Geht nicht 🤓

        • Nadine

          Mitglied
          19. Juli 2025 um 11:50

          Danke für die Klarstellung! Ich glaube, deswegen hatte ich es tatsächlich falsch eingeordnet.

          Und ja, absolut. Daran merkt man wieder, die wichtig und auch hilfreich rechtsfolgenorientiertes Denken ist. Man versucht, etwas in ein Schema zu quetschen, das hilft aber ggf. gar nicht wirklich weiter bzw. verwirrt nur.

  • Afrim Toplica

    Administrator
    16. Juli 2025 um 19:47

    Ich glaube du denkst in dem Schema “Anspruch entstanden, nicht erloschen und durchsetzbar”. Ich hab gerade wirklich überlegt, wie ich den 377 HGB bei Anspruch entstanden prüfen sollte. Denn wenn ich zunächst feststelle, dass ein Sachmangel vorliegt und die übrigen Voraussetzungen eines Gewährleistungsrechts vorliegen, dann ist dem Grunde nach der Anspruch enstanden. Dann müsste ich mich innerhalb beim Punkt Anspruch enstanden widersprechen und sagen, dass der Anspruch möglicherweise doch nicht entstanden ist wegen 377 HGB. Also sehe ich dann 377 HGB als zusätzliche Anspruchsentstehungsnorm innerhalb des Gewährleistungsrechts. Das ist aber 377 HGB nicht. In mir macht sich so ein innerlicher Widerstand breit. Kaufrecht gilt ja auch für Kaufleute -> also Voraussetzungen des Gewährleistungsrechts nach BGB. Der Wortlaut der Norm “Unterläßt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt…” sagt mir eigentlich, pech gehabt Käufer. Also wie so ein “Verschulden gegen sich selbst”. Und dieses “gilt die Wahre als genehmigt” soll ja nicht den Mangel heilen. Denn dann könnte man wirklich darüber nachdenken, ob es sinnvoller wäre diesen Punkt bei Anspruch entstanden zu prüfen. Der WOrtlaut spricht ja vom Mangel, also setzt er den ja schon voraus. 377 HGB ist eine Pflicht/ besser Obliegenheit für den Käufer und gleichzeitig ein Gegenrecht für den Verkäufer. Deshalb würde ich – wenn man in dem Dreischritt prüfen will – bei Anspruch erloschen prüfen. Wie zB 326 BGB Gegenrecht des Käufers.

    Wenn man in dem Fall aber jetzt mal das Schema Anspruch entstanden usw. nicht beachtet, dann würde man einfach entlang der Norm prüfen: also KV, Mangel, Vss. GewR und dann als letzten Punkt “Kein Ausschluss der Mängelrechte”. Das ist die sicherste Alternative. Da spart man sich Kopfschmerzen und Unsicherheit, die einen durch die ganze Klausurbearbeitung verfolgt.

  • Oliver Wich

    Administrator
    17. Juli 2025 um 8:50

    Vielleicht noch ein Ansatz aus der Praxis: Du schaust idR zuerst auf die Daten und prüfst eine Verjährung, bevor du dich auch nur in irgendeiner Weise mit dem Vertragschluss (den Typ musst du kennen) beschäftigst. Grund: Mandaten kommen immer auf den letzten Drücker.

    Fun Fact: Ob du es dann in der Klausur in einer anderen Reihenfolge darstellst, ist etwas anderes.

    Zudem: Wenn schon, dann bitte “Entstehung des Anspruchs” – und nicht “Anspruch entstanden”. Das ist keine ordentliche deutsche Formulierung.

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